Text: Christian
Seit einer Woche haben wir nun keinen festen Boden mehr unter unseren Füssen. Bereits beim ersten Schritt aufs Boot verspüre ich das leichte Schaukeln, dieses habe ich im vergangenen Herbst, nach den vielen Wochen auf dem Boot, bereits nicht mehr wahrgenommen. Ist es das, dass wir zu Hause vermisst haben?
Kurz vor Mitternacht kommen wir müde aber glücklich an
So sind wir also wieder zurück auf unserem Swimming Home. Zu unserer freudigen Überraschung ist alles in bester Ordnung. Keine üblen Gerüche, keine Feuchtigkeit unter Deck. Zudem stellen wir fest, dass der Elektriker bereits Installationen für die neuen Solarpaneele vorbereitet hat.
In Anbetracht der späten Stunde packen wir nur das nötigste aus und machen uns bettfertig. Vielleicht noch schnell Wasser tanken, denken wir, wäre für den kommenden Morgen ganz angenehm. Also Schlauch aus der Backskiste holen, Tankdeckel öffnen und Schlauch an der Säule am Steg anschliessen. Ich halte den Badge zum Freischalten ans Paneel, aber es tut sich nichts. «Scheiss System», denke ich und wir Räumen alles wieder auf, eine Aufgabe für den nächsten Tag, wir wollen jetzt einfach nur noch schlafen.
Ein sonniger Samstagmorgen erwartet uns und wir geniessen den ersten Kaffee im Cockpit, es ist schön wieder hier zu sein. Aber da war doch noch der leere Frischwassertank und ich trage mich bereits mit dem Gedanken die Marineros anzufunken um Hilfe zu ordern. «Komm wir probieren es vorher nochmals», meint Caro und während ich den Schlauch ein zweites Mal herauskrame, kommt sie lachend den Niedergang hoch und hält mir den Badge für die Säule entgegen. Wir Deppen hatten am Vorabend, übermüdet wie wir waren, den Badge für die öffentlichen Duschen an die Säule gehalten. Ja, so geht’s natürlich nicht.
Der erste Morgenkaffee – welch ein Genuss
Wassertank füllen
Die Erledigung vieler Bootsarbeiten erwartet uns für die kommenden Wochen. Die Liste ist lang und noch nicht vollständig. So setzten wir uns hin, ergänzen und sortieren diese, bis schliesslich das Extrakt für den ersten Tag bereitsteht. An oberster Stelle steht «Lebensmittel einkaufen».
Es ist Samstag und der Bauernmarkt vis à vis der Marina bietet die perfekte Gelegenheit zum Proviantieren. Bei Sonnenschein schlendern wir durch die vielen Stände und suchen uns frisches Obst und Gemüse aus. Zum Abschluss gönnen wir uns einen Kaffee in meinem Lieblings-Café, dem «Orexis». Auf der Terrasse halten wir unsere blassen Nasen in die warme Frühlingssonne und sitzen gedankenversunken aber zufrieden da.
Samstag auf dem Bauernmarkt
Chris in seinem Lieblingscafé „Orexis“
Die weiteren Tage vergehen wie im Fluge. Zwischen Besorgungen für das Boot und Besprechungen mit Handwerkern für die Erneuerung unseres Bimini’s, erledigen wir selber erste Arbeiten. Am Dienstag bringt der Metallbauer bereits unsere abgeänderte Rohrkonstruktion für das neue Bimini, alles ist nun bereit für den neuen Textilbehang. Ein weiteres Highlight war die lang ersehnte Ankunft von unserem Gennaker-Segels.
Erweiterte Konstruktion
Nach 3 Monaten endlich bei uns angekommen – unser Gennaker (Leichtwindsegel)
Ein positiver Spirit herrscht, es läuft. Wenn da nur nicht dieses kleine unauffindbare Leck in unserem Frischwassersystem wäre. Irgendwo muss Wasser entweichen, welches sich dann wieder im Bilgensumpf sammelt. Die Druckwasserpumpe verrät es uns jede Nacht unweigerlich mit einem kurzen nächtlichen Surren, um den zuvor entwichenen Wasserdruck wieder aufzubauen. Alle möglichen Verbindungen haben wir bereits im vergangenen Herbst kontrolliert. Alles war trocken, nur eben nicht der Bilgensumpf. Also nochmals einen Anlauf nehmen um dort zu suchen, wo die meisten Leitungen zusammenlaufen.
Das ist bei uns unter dem Spültrog in der Pantry. Ein ganzer Bund Schläuche mit Abzweigungen verästelt sich dort unten in vier Richtungen. Kaum zugänglich, verschwinden die Schläuche dort bald wieder in einen Kanal. Noch nie habe ich dort einen Tropfen Wasser gefunden. Der Schrank war immer trocken. Ich ertaste mit meinen Fingern alle Anschlüsse auf Feuchtigkeit und wie von Geisterhand geführt wurden sie beim hintersten T-Stück nass. «Yes», geht es mir freudig durch den Kopf. Endlich habe ich das lecke Miststück gefunden.
Wer sieht da noch durch???
Es ist nass
Die Reparatur dürfte nun noch das kleinste Problem sein. Die Trockenheit im Schrank ergibt sich dadurch, dass das Wasser vom lecken T-Stück dem Schlauch entlang im Kanal zur Bilge fliesst und somit unsichtbar bleibt. Aber wieder einmal zu früh gefreut. Auf einem Boot geht ja bekanntlich nichts einfach und erst recht nicht schnell. Um nur einige Schwierigkeiten beim Versuch der Reparatur zu erwähnen: falsches Werkzeug, fehlendes Ersatzmaterial und aufgeschürfte Finger mangels Platz zum Arbeiten. Nach einer Stunde herumwürgen und zuziehen der Schlauchbriden leckt es noch mehr als zuvor, ….nice try. Widerwillig entschliesse ich mich fachliche Hilfe zu holen, welche auch das notwendige Ersatzmaterial hat.
Der aufgebotene Installateur werkelt dann seinerseits drei Stunden im Schrank herum, unter Zuhilfenahme von neuem Schlauchmaterial und Verbindungsstücken. Jedoch tropft es auch bei ihm weiterhin. Die kurze innerliche Freude darüber, dass es offenbar nicht nur an mir lag, das Problem zu beheben weicht schlagartig, als der Mann sich mit ernster Miene zu mir umdreht. Er erkundigt sich nach dem Alter des Bootes. «Jahrgang 2000» antworte ich. «Die Schläuche sind spröde», erwidert er, um gleich besänftigend nachzuschieben, dass das in dem Alter nichts ungewöhnliches sei. Wir sollten uns Gedanken über einen Ersatz machen. Immer wenn er das Verbindungsstück mit der Bride festziehen will, entsteht am alten Schlauchende ein neuer kleiner Riss, aus welchem wieder Wasser tropft. Aber aufgeben mit der Reparatur will er nicht und startet einen weiteren Versuch, welcher schliesslich erfolgreich endet. Erleichterung kommt auf. Aber noch traue ich dem Frieden nicht und schalte die Wasserpumpe vorerst bei Nichtgebrauch und erstrecht bei Abwesenheit aus. Am Tag zwei kann ich jedoch Entwarnung geben, es scheint wieder alles dicht zu sein.
Sollen wir nun ein grosses ungeplantes Projekt starten und alle Schläuche ersetzten, fragen wir uns. Nach einer Nacht darüber schlafen entscheiden wir uns vorerst für den Erhalt der Installation und für den Kauf von Reparaturmaterial. Schliesslich hatten wir zuvor ein Jahr Ruhe mit den Leitungen und das Problem scheint am ehesten an den zugänglichen Stellen mit Abzweigungen aufzutreten. Da kann ich im Ereignisfall mit dem richtigen Reparaturmaterial hoffentlich selber erste Hilfe leisten. Die geraden Stücke scheinen in Ordnung zu sein. Nach einem längeren Besuch der Marina-Chandlery habe ich das notwendige Ersatzmaterial für eine künftige Reparatur zusammen. Das beruhigt.
Der restliche Nachmittag verlief dann, sagen wir es so; mit dem berühmten «Knistern in der Luft». Die Ursache dafür liegt jedoch nicht in der Bootselektrik, sondern in der Bootsmann- und Frauschaft. Während Caro im Salon das aktuelle Video schneidet und vertont, werkle ich im Cockpit und erledige pendente Arbeiten. Versunken im Rausch der konzentrierten Arbeit vergesse ich, dass ich mit meinem Tun regelmässig die Tonaufnahmen von Caro crashe. Der Frust hat sich dann in einem kurzen Disput entladen. Die Weiterarbeit ist mit einem genervten Spaziergang von Caro auf den nächsten Tag verschoben worden. Für mich heisst das dann am nächsten Tag einkaufen gehen und Blog-Schreiben im Marina-Café, so dass auf dem Boot endlich Ruhe einkehrt.
Auch das gehört halt dazu, auf so engem Raum herrscht eben nicht immer eitel Sonnenschein.
Wir haben uns selbstverständlich wieder vertragen❤️. Gemeinsam, mit viel Elan und Energie, starten wir in die kommende Woche 💪.
Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
ich habe mich schon oftmals gefragt ob es bei soviel enger Gemeinsamkeit nicht Umstimmigkeiten gibt, jetzt hab Ichs erfahren. Weiter so man lernt immer dabei.
Sehr interessante und gute Beiträge danke und weiter so.
Marlies
Im Grossen und Ganzen funktioniert das Zusammenleben auf dem Boot gut. Jeder hat so seine Aufgaben und kleine Rückzugsorte gibt es trotz des begrenzten Raumes. Unstimmigkeiten kommen vor, aber diese gibt es ja nicht nur auf dem Boot sondern auch im Zusammenleben zu Hause.
Liebe Grüsse
Chris & Caro