November 2024

Torrevieja - Tage zwischen Staub, Kupfer und Epoxidharz

Text: Christian / Bilder & Kurzfilme: Carola

Unsere Lady wünscht nach 1.5 Jahren im Wasser ein Wellnessprogramm.

Die Erneuerung vom Unterwasserschiff steht auf der To-do-Liste, sowie weitere kleine Arbeiten. Die übliche, periodische Instandhaltung eines Bootes eben.

Wir fahren ins Trockendock

Etwas angespannt legen wir am Montagmorgen, dem 11. November an unserem Liegeplatz ab, und fahren die kurze Strecke im grossen Hafen zum Kranbecken beim Trockendock.

Wie vereinbart fährt Caro rückwärts ins Becken ein, derweil ich mit den Leinen bereitstehe. Wir sollen steuerbordseitig an der Mauer anlegen. Dort angekommen warten bereits der Kranführer und weitere Mitarbeiter der Werft auf uns. Mit den vorbereiteten Leinen wird unser Boot an den Pollern festgemacht. Für uns heisst es nun, schnell die Seewasserventile des Motors schliessen und aussteigen. Dann legt die Mannschaft die Tragegurte um den Rumpf und bereitet das Boot zum Anheben vor. Am Kran hängend wird unsere Blue Wave nach der Hockdruckreinigung zu ihrem neuen Platz gefahren. Auf den vorbereiteten Pallen (= Trageeinrichtung beim Schiffbau) wird sie sorgfältig abgestellt. Da steht sie nun für die nächsten zwei Wochen auf dem Trockenen.

Wir haben abgelegt und nehmen Kurs zum Kranbecken

Langsam wird unser Boot angehoben

Die „schwebende Blue Wave“

Reinigung des Unterwasserschiffs

Auf dem Weg zum „Parkplatz“

Parkposition eingenommen für die nächsten 2 Wochen

Für uns bedeutet es, einmal umziehen. So zügeln wir vom Boot in ein kleines Appartement neben dem Trockendock. Mit Sack und Pack zügeln wir hinüber und gewöhnen uns nach vielen Monaten Zeit auf dem Boot wieder an ein Leben mit festem Boden unter den Füssen. Die sonnige Terrasse macht uns die Umstellung leicht.

 

Das Appartement

Sonnige Terrasse mit Hafenblick

Abendstimmung

Wir haben uns entschieden die alten Schichten Weichantifouling entfernen zu lassen und durch einen Coppercoat zu ersetzen. Drei Hauptvorteile ergeben sich dadurch für uns:

  1. Wir können nach dem Sandstrahlen unser Unterwasserschiff auf allfällige Schäden, wie Osmose, kontrollieren.
  2. Wir haben mit dem neuen Kupferanstrich für die kommenden Jahre Ruhe, das heisst es sind keine neuen jährlichen Anstriche mehr notwendig.
  3. Unser Unterwasserschiff ist künftig, dank dem Epoxid haltigen Kupferanstrich, vor möglicher Osmose geschützt.

Das heisst, das Boot muss künftig für viele Jahre lediglich gereinigt und nach einigen Jahren wieder leicht angeschliffen (aktiviert) werden, nebst der jährlichen Kontrolle der Anoden natürlich.

Die initial kostengünstigere Variante wäre gewesen, wieder einen neuen Antifouling Anstrich zu applizieren, welcher dann eben jährlich wieder erneuert werden müsste. Dazu kommt, dass die Vorschriften immer strenger werden und solche umweltbelastenden Arbeiten zunehmend erschweren. Über die Jahre gerechnet wird sich der grössere Initialaufwand für das Coppercoat sicher lohnen.

Unser Boot bekommt ein Peeling

Mit Plastikfolie wird um unseren Schiffsrumpf ein Zelt gebildet. Ein Mann, im Vollschutzanzug, beginnt darin sorgfältig mit einem Feinsandstrahlgerät mit der Arbeit. Eine Drecksarbeit. Bahn für Bahn lösen sich die alten Antifoulingschichten. Der Gelcoat, sowie eine alte Epoxid-Grundierung kommen mehr und mehr zum Vorschein.

Die Plastikfolie liegt parat

Mit der Plastikfolie wird der Rumpf abgedeckt

Das Sandstrahlen beginnt

Erste Resultate

Ein Tag später wird die Plastikfolie entfernt

Endresultat vom Sandstrahlen

Nach einem guten Tag Arbeit können Caro und ich, gemeinsam mit Dennis, dem britischen Werft-Geschäftsführer, unseren blanken Schiffsrumpf kontrollieren.

Der Feuchtigkeitsgehalt im Rumpf wird gemessen, er ist gering. Wohl nicht zuletzt deshalb, weil der Ersteigner damals in weiser Voraussicht den Gelcoat mit einer Epoxid Grundierung überziehen liess.

Dennoch sind zwei Reparaturen am Rumpf notwendig. Am Heck tritt ein alter kleiner «Parkschaden» zu Tage und das Rohr vom Bugstrahler ist nicht sauber mit dem Bug verbunden, eine kleine Ritze ist sichtbar. Diese Arbeiten lassen wir mit Epoxidharz und Glasfaser reparieren. In diesem Zuge werden auch die Zinkanoden entfernt die Schiffsschraube gereinigt, sowie auch die Propeller vom Bugstrahler.

Ein „alter Parkschaden“ wir entdeckt

Regenschutz, um die reparierte Stelle vor eventuellen Regen zu schützen

geflickte Stelle

Eine kleine Ritze am Bugstrahlruder. Mit dem Heissluftfön wird die Stelle getrocknet, da Wasser ausgetreten ist.

Mit Fiberglas und Epoxidharz wird alles gefestigt

Sieht sehr Massiv aus

Ein Boot auf dem Trockendock bedeutet auch, alle Seeventile zu überprüfen und gegebenenfalls zu ersetzen. Eines unserer Bugtoilette ging seit einem Jahr etwas schwer und zuletzt liess es sich auch nicht mehr ganz dicht schliessen. Wir beschliessen gleich beide Ventile der Toilette (Ein- und Auslass) durch neue zu ersetzen.

Neue Durchlässe und Ventile

Endergebnis mit neuer manueller Handpumpe

In der Zwischenzeit wird sich unserer alten Kühleinheit vom Kühlschrank angenommen. Bereits zweimal haben wir in der vergangenen Saison Kühlmittel nachfüllen lassen, da die Kühlleistung geschwächelt hatte. Irgendwo muss ein kleines, unsichtbares Leck im Kreislauf sein. Das ist kein Dauerzustand. Wir entscheiden uns die alte Einheit durch eine Baugleiche zu ersetzen, so haben wir wieder Ruhe.

Neue „Kühlbox“

Neue „Kühleinheit“

Unser Boot bekommt einen Kupfermantel

Der nun gereinigte Rumpf ist bereit für das Applizieren mit dem kupferhaltigen Epoxid-Anstrich. Die einzelnen Anstriche müssen zügig appliziert werden. Mehrere Schichten folgen nacheinander auf die jeweils noch nicht vollständig ausgehärtete, vorgängige Schicht.

Es ist angerichtet

Die erste Schicht Coppercoat wird appliziert

Endresultat nach 5 Schichten Coppercoat

Jetzt ist unsere Muskelkraft gefragt

Nun folgt Caro und mein Part. Zwei Tage Rumpfpolitur und wachsen auf dem Rollgerüst sind angesagt. Eine anstrengende Arbeit, die einen jedoch unmittelbar mit dem schön glänzenden Endresultat belohnt.

Polieren – eine körperliche Anstrengung und Herausforderung

Ein Unterschied ist erkennbar

Spass muss sein

Meditation pur

Feierabend

Wie eine kleine Familie arbeiten wir mit Michael und Darren (den beiden Werftarbeiten), gemeinsam an unserem Boot. Diese zeigen uns verschiedene Kniffe und so lernen wir wieder viel Neues.

Etwas wehmütig heisst es am Freitag der zweiten Woche Abschied nehmen vom Trockendock, sowie auch von unserem kleinen Appartement mit seiner schönen Sonnenterrasse. Mit Sack und Pack geht es aufs Boot zurück.

Mit Sack und Pack geht’s zurück aufs Boot

Der Kran steht bereit. Dochh bevor es definitiv ins Wasser geht…

…müssen noch die Stellen aktiviert werden, wo die Stützen waren. Dies geschieht alles Hand in Hand.

Der Propeller erstrahlt mit einer neuen Silikonschicht (Propeller-Antifouling)

Neue Anoden (wurden beidseits am Rumpf angebracht)

Ist auch alles dicht?

Ein letztes Mal kontrollieren wir, ob alle Seewasserventile geschlossen sind und ob die Schraubmanschetten der beiden Geber gut angezogen sind. Wir sind wieder etwas angespannt.

Diesmal geht es in umgekehrter Reihenfolge zurück ins Wasser. Noch an den Gurten im Wasser hängend springt der Werftarbeiter ins Boot um die Dichtigkeit der beiden neuen Seewasserventile zu überprüfen. Daumen hoch, es ist alles gut. Die Gurte werden entfernt und wir machen unser Boot mit Leinen seitlich fest.

Nun wird die Stopfbuchse entlüftet, die Seeventile vom Motor und vom Schaft geöffnet und der Motor kann gestartet werden. Er läuft. Gemeinsam schaue ich mit Darren, wie sich die Luft aus dem Schauglas vom ausgewechselten Dieselvorfilter rausschafft.

Die „Rückführung“ beginnt

Caro hat alles im Blick

Noch wenige Sekunden bis zum „touch down“

Dann ist sie zurück in ihrem Element

Alle Ventile sind dicht, sie schwimmt und wir kehren an Bord zurück

Freu 😁

Wir sind jetzt schneller unterwegs

Caro und ich entscheiden uns für eine kleine Probefahrt um alles zu checken. Dabei erfreuen wir uns einer leicht erhöhten Fahrgeschwindigkeit. Bei unserer gewohnten Marschgeschwindigkeit mit 1800 Umdrehungen pro Minute, erreichen wir nun 0.8 Knoten mehr Fahrt als zuvor. Ein sauberer und glatter Rumpf lohnt sich.

Ein kleiner Wehrmutstropfen bleibt. Unser Bugstrahler schiebt uns neu bei Betätigung vom Joystick in die jeweils entgegengesetzte Richtung. Die Propeller wurden offenbar bei der Montage vertauscht. Aber das wird noch behoben.

Müde, aber glücklich legen wir wieder an unserem Wasserliegeplatz an und gönnen uns eine knusprige Pizza zum erfolgreichen Abschluss des Tages.

Nach 2 Wochen verlassen wir das Trockendock

Happy

Ein tolles Gefühl wieder auf dem Wasser zu sein

Fazit der Probefahrt

Zurück am Liegeplatz

Am Ende des Tages

Die restlichen Tage, bis zu unserem Abflug nach Hause, verbringen wir bei sonnigem und warmem Herbstwetter in Torrevieja. Kleinere Bootsarbeiten, Schreibkram und Ausflüge runden die Zeit hier ab.

Promenade von Torrevieja

Vorweihnachtliche Stimmung kommt auf

Ausflug nach Alicante

Torrevieja hat eine vielfältige Gastronomie anzubieten

Den 1. Advent verbringen wir am Beach

Meer geht immer

Damit endet unsere Segelsaison 2024. Mit etwas Widerwillen denken wir an die bevorstehende Kälte zu Hause, freuen uns nach der langen Zeit jedoch wieder daheim zu sein, auf Familie und Freunde.

Nach einem kleinen Winterschlaf geht unsere Reise der Blue Wave im Frühling 2025 wieder weiter.

“Man muss reisen, um zu lernen.” – Mark Twain

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Gerold

    Nach der Riesenarbeit an Boot und Technik könnt ihr euch wieder auf neue Reisen freuen „Schiff ahoi“

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